Den Opfern einen Namen geben:
Die Idee für diese Ausstellung zum Tag der Druckkunst war eine Weiterentwicklung der letzten Ausstellung 2023.
Paul Gangolf, Heinz Kiwitz, Hanns Kralik und Ernst Walsken sind Künstler, die in den Emslandlager gefangen waren (Paul Gangolf wurde ermordet) und an die wir am Tag der Druckkunst 2023 mit einer
kleinen Ausstellung erinnerten.
Diesmal fanden wir eine Liste der vom NS-Regime verfolgten Kunstschaffenden der Bildenden Kunst bei Wikipedia.
Den Opfern einen Namen geben
Wir haben am 27. Januar 2024 zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus das erste Mal die Namen der verfolgten und ermordeten Sinti aus Oldenburg vorgelesen, nachdem Dr. Hans Hesse in den
letzten Jahren Nachforschungen darüber machte.
Der Tag der Deportation der Oldenburger Sinti war der 8. März 1943, der mit dem Internationalen Frauentag zusammenfällt.
Da die sozialistische Bewegung maßgeblich an der Entstehung des Frauentages Anteil hatte, wurde er zwischen 1933 und 1945 offiziell verboten. Das Feiern des 8. März wurde zu einem
Erkennungsmerkmal von Widerstand und sozialistischer Untergrundarbeit. Methoden waren das ‚Auslüften‘ von roten Gegenständen am 8. März aus Fenstern oder an Wäscheleinen oder das Auslegen
illegaler Flugblätter.
Ein Grund mehr diesmal den Frauen zu gedenken, die als professionelle Künstlerinnen nicht nur von den Nationalsozialisten aus Rassenideologie verfolgt wurden, sondern oft deren Frauenbild und
deren Kunstverständnis widersprachen.
Wir haben 43 Künstlerinnen gefunden, deren Leben zwischen 1933 und 1945 durch Suizid, Euthanasie, Massenexekution oder in Konzentrationslagern endete.
Sie haben durch ihre Kunst ein Vermächnis hinterlassen, was wir Euch exemplarisch gerne zeigen wollen.
37 großformatige Dokumente ihrer Bilder, Keramiken, Marionetten und Silberkannen auf 50 x 70 cm Ausdrucken mit Texten und Abbildungen auf zusätzlichen Ausdrucken warten auf Euch.
Teilweise gab es aus Qualitätsgründen keine Möglichkeit die Bilder entsprechend zu vergrößern.
Neben der Ausstellung bieten wir wieder mit Sieb- und Hochdruck etwas mit den Händen zu machendes. Siehe auch auf unseren Seiten
Wir werden unterstützt von der Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus,
die dieses Jahr vom 11.3. bis 24.3. begangen werden und von Werkstattfilm /KinOLaden
Die Ausstellung / Dokumentation basiert auf Dokumenten aus dem Internet, die Recherche dauerte wochenlang, teilweise waren Übersetzungen europäischer Texte nötig.
Der Kontrast zwischen dem Ausstellungsort im Dachgeschoss von unserem Kooperationspartner WERKSTATTFILM mit alten Balken, rau verputzten Wänden und niedriger Decke und den Aluminiumspannrahmen
und Klappleisten ist nicht nur dem Preis geschuldet: So günstig und wiederverwendbar haben wir diese Aufhängungsart jetzt das zweite Mal verwendet. Die Spannrahmen ermöglichen das Zeigen
von zwei Seiten und so hängen die meisten Rahmen im Raum.
Auch das Aufhängen und Justieren der Bilder war wegen der kurzen Ausstellungszeit in zwei Tagen relativ schnell erledigt, der Platzbedarf für die 80 Plakate und die auseinander nehmbaren Rahmen
ist nach der Veranstaltung minimal.
Für viele Künstlerinnen hatten wir qualitätsmäßig ausreichende Bilder gefunden, um auf das Format 50 x 70 cm gebracht zu werden, bei einigen Internetsuchen fanden wir nur kleine Formate, die dann
nur klein wiedergegeben werden konnten.
Wir fanden nur wenige Druckwerke, z.B. „Moeder en Kind“ von Else Berg, den Holzschnitt „Menschengruppe vor der Deportation“ von Maria Luiko, oder die Druckgrafik „Tänzerin“ von Hedwig
Slutzki-Arnheim.
Durch unseren Drucktisch mit Hoch- und Durchdruck konnten wir dem Tag der Druckkunst gerecht werden.
Mit einem Risographen, dessen Trommel wir etwas modifizierten, erstellten wir die Siebdruckform in wenigen Minuten. Hier brennt ein Laserstrahl feinste Löcher in eine Folie aus Bananenfasern, die
durch Gewebeklebeband an den Rändern verstärkt das Siebdrucksieb ergibt. Die Farbe haben wir durch eine Farbrolle durch das Sieb gedrückt, was relativ klecksfrei möglich ist.
Die Hochdruckform haben wir mit einem 3D Drucker erstellt, der flüssigen Kunststoff durch UV-Licht härtet. Dies wird ähnlich im Flexodruck genutzt, im Kunstbereich sind wir vermutlich die
Einzigen.
Das Problem beim Linoldruck in einem Workshop ist die Druckform in kurzer Zeit herzustellen. Und dann druckt oft nur eine Person und mit mehreren macht es viel mehr Spaß. Die Aufgabe war das zu ändern. Vom Buchdruck mit Nyloprint kannten wir die Methode, das ein Magnetfundament die Druckform schnell und sicher fixierte, von Bauhausplakaten kannten wir das Spiel mit farbigen geometrischen Formen, wie Kreise, Quadrate, Dreiecke usw. Ginge das nicht zu kombinieren? Gesagt getan: nach einiger Suche fanden wir magnetische Klebe-Folie und Linoleumersatz, denn die Rückseite von Linoleum ist mit Jutegewebe versehen und klebt darum nicht so gut. Beide Materialien waren etwa 21 x 30 cm groß und liessen sich passend zusammen kleben. Mit einem scharfen Messer und Tellern und Tassen für die runden Formen und einem Lineal für die geraden wurden die geometrischen Linoleumformen geschnitten.
Der Test wurde dann am Tag der Druckkunst gestartet:
Ein am Computer gestaltetes Plakat wurde nachgebaut, die Druckplatte ist eine dünne Metallplatte auf Sperrholz geklebt, darauf hafteten die Formen relativ fest. Jetzt wurde auf ein zwischengelegtes Blatt Papier das Layout nachgezeichnet, damit die einzelnen Formen von mehreren "Künstler:innen" eingefärbt werden konnten. Da wir vier verschiedene Farben benutzten, konnten hier vier Personen aktiv werden. Dann wurden die eingefärbten Formen wieder entsprechend der Bleistiftlinien auf die Druckplatte gelegt und es konnte gedruckt werden!
Paul Gangolf, Heinz Kiwitz,
Hanns Kralik und Ernst Walsken
sind Künstler, die in den Emslandlager gefangen waren (Paul Gangolf wurde ermordet) und an die wir am Tag der Druckkunst* mit einer kleinen Ausstellung erinnern wollen.
Sie haben Drucktechniken genutzt, Radierungen, Holz- und Linoldruck. Zur Ansicht stehen Kataloge von Ausstellungen nach 1945 der Künstler, die letzte Ausstellung zu Paul Gangolf 2021 in der Gedenkstätte Esterwegen.
Als Besonderheit stellen wir alternative Möglichkeiten von Drucktechniken dar: Das geht von der Herstellung von Hochdruckformen mit Hilfe von 3D-Druck (LCD-Drucker), CNC-Fräse, Schneideplotter
und Steinpapier und digitaler Laserbelichtung von Siebdrucksieben.
Die Alternativen zu einer teuren und schweren Druckpresse werden durch eine Küchenrolle aus Metall, Hobbypressen zum Prägen und Stanzen und einer Laminiermaschine im Format 35 x 50 cm gezeigt.
Siehe auch unsere Projektbeschreibungen hier und hier
Unterm Dach, leider nur durch Treppen zu erreichen, ist die "Druckerei "für den Tag der Druckkunst aufgebaut. Für den Hochdruch steht ein umfunktioniertes Laminiergerät, eine Hobby Stanz- und -Prägemaschine zur Verfügung.
Der Siebdruck, auf dem Bild immerhin bis zum Bildformat Din A 3 auf Din A 2 großem Papier, wird mit einem Risographen digital erstellt. Hierbei ist Rasterdruck kein Problem. Am Drucktag nur in klein ohne Trägersieb.
Die kleine Version unseres Siebdrucks: Statt mit dem Rakel wird hier mit der klecksfreien Rolle gedruckt, die Siebe werden durch Gewebeband verstärkt und es kann auf Stoff oder Papier gedruckt werden.