Biografien

Latscho Tschawo

Die Befreiung des Latscho Tschawo. Ein Sinto-Leben in Deutschland

Latscho Tschawos Buch »Die Befreiung des Latscho Tschawo. Ein Sinto-Leben in Deutschland« erschien 1984 und war der erste Bericht eines Rom in deutscher Sprache, wobei sich der Autor weniger auf die Erinnerungen an den Holocaust konzentriert als auf die Probleme, die sich aus dem Versuch ergeben, von den traumatischen Erfahrungen in Auschwitz zu berichten:

»Zwei Jahre Auschwitz, bitte erlassen Sie mir eine genaue Schilderung dieser zwei Jahre.
Es ist sowieso kaum zu glauben.«

Latscho Tschawo

(Im Antiquariat erhältlich)

 

Ein Jahr später literarisiert Philomena Franz ihre Erinnerungen an den Holocaust in »Zwischen Liebe und Haß: ein Zigeunerleben«. Detailliert erzählt sie vom Verlust ihrer Schwester, ihrer Mutter und anderer Familienmitglieder im Konzentrationslager. Das Verfassen des Textes erweist sich als Therapie für die Autorin und scheint ihr die Möglichkeit zu geben, sich den Traumata, die sie durchleben musste, zu stellen. Bemerkenswert ist das Buch von Franz deshalb, weil die Autorin den Leser_innen die Gelegenheit gibt zu erfahren, wer sie ist. Gleichzeitig offenbart sie wichtige Einblicke in die kulturelle Identität der Sinti und Roma, nicht nur durch die Schilderung des Familienlebens in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs und der Erfahrungen im Konzentrationslager, sondern auch durch die Darstellung ihrer Bemühungen, die eigene kulturelle Geschichte Teil der allgemeinen Geschichte Deutschlands werden zu lassen.


Philomena Franz

 

Philomena Franz geb. Köhler stammt aus einer Musikerfamilie und ist bis 1939 als Sängerin und Folkloretänzerin mit dem Theater- und Musiker-Ensemble Haag ihrer Familie im In- und Ausland aufgetreten. 1939 untersagten die Nationalsozialisten ihr und ihrer Familie die künstlerische Arbeit und beschlagnahmten ihre Instrumente. Philomena Köhler wurde zu mehrjähriger Zwangsarbeit in Bad Cannstatt verpflichtet und im April 1944 in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Von dort wurde sie im Mai 1944 nach Ravensbrück gebracht, von wo sie fliehen konnte. Sie wurde wieder aufgegriffen und im KZ Oranienburg inhaftiert, nochmals nach Auschwitz deportiert und später in ein Lager bei Wittenberge gebracht, von wo sie wieder fliehen konnte.

Nach der NS-Zeit konnte Philomena Franz ihren Beruf als Musikerin nicht mehr lange ausüben. Sie hat mehrere Bücher geschrieben und wirkt bis heute als Zeitzeugin in Schulen, in den Medien und auf Veranstaltungen.

 

Material  Widerstand von Sinti und Roma
gegen den Nationalsozialismus

„Wir geben uns nicht in ihre Hände“

Seite 40 - 47

Webseite mit Gesprächen LINK

Audio WDR 24 min

Erlebte Geschichten: Philomena Franz LINK

LINK


Bücher

Philomena Franz: Zigeunermärchen

Philomena Franz hatte mit dem Märchenerzählen an Schulen angefangen, als ihr ältester Sohn Anfang der 60er-Jahre in der Schule als "dreckiger Zigeuner!" beschimpft wurde. In seiner Schule erzählte sie danach ein Märchen von einem Jungen, der von den anderen alleine gelassen und gemobbt wurde. Die Kinder verstanden, wollten weitere Märchen hören, und Philomena Franz erzählte weitere Märchen aus der Sinti-Tradition heraus, In vielen dieser Märchen ist der Porajmos oder andere Erfahrungen der Unterdrückung und Diskriminierung mit verarbeitet.

Aus dem Buch (nur antiquarisch erhältlich 1982, 1989 3. Auflage)

 

"Liebes Kind!

Ich bin eine Zigeunerin* und heiße Philomena, und ich möchte Dir etwas von den Zigeunern erzählen. Warum ich Dir gleich zu Anfang meinen Namen verraten habe? Erstens steht er sowieso auf dem Buchumschlag und außerdem stellt man sich mit seinem Namen vor. Philomena: diesen Namen tragen viele Zigeunermädchen, und dieser Name bedeutet bei uns soviel wie Nachtigall. Bei uns Zigeunern bekommen Kinder sehr oft Namen von Vögeln und anderen Tieren; von Blumen, Früchten und anderen Dingen, die die Natur uns schenkt. Ich kenn' zum Beispiel einen „Spatzo" — das ist, wie Du natürlich sofort gemerkt hast, unser Spatz. Dann kenne ich noch die „Droschla", in Deiner Sprache heißt das Schwarzdrossel.

Ich kenne noch die „Geriassa", das heißt Kirsche. Geriassa wurde geboren, als die Kirschen reif und rot am Baum hingen. Dann kenn' ich eine „Pabi", das ist der Apfel, und „Zirinka" kenn' ich auch, das heißt Fliederbusch. Bevor ich Dir aber noch mehr Zigeunernamen verrate, möchte ich Dir zuerst erzählen, wie das kleine Gänslein Pappi den schlauen Fuchs überlistet hat. Danach erzähle ich Dir das Märchen von „Lercha", einem Zigeunermädchen. Du wirst auch erfahren, warum dieses Mädchen den Namen von der Lerche bekommen hat. Und Du kannst lesen, warum die Tanne ein immergrünes Kleid trägt."

*Eine Selbstdefinition als "Zigeunerin" steht hier vor allen anderen Problematisierungen des Begriffs.


Philomena Franz:  Zwischen Liebe und Hass. Ein Zigeunerleben

Marianne C. Zwicker stellt Philomena Franz als erste Autorin ihrer Minderheit vor, die speziell und signifikant über ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern des Dritten Reiches schreibt. Wie ihr erstes Buch, die "Zigeunermärchen", sei ihr 1985 erschienenes zweites Buch "Zwischen Liebe und Hass" mindestens erinnerungspolitisch gesehen eine Pionierarbeit.  Philomena Franz habe ihre eigene, persönliche Geschichte publiziert, um eine Alternative zu dem landläufigen, fiktionalen "Zigeuner"-Image anzubieten und einen Platz in der Literatur auch für den Völkermord an den Sinti und Roma, wie auch für Autor*innen ihrer Ethnie einzufordern. 

Absichtlich beginne Philomena Franz mit Schilderungen dessen, was der Leser mit dessen Klischees über Sinti und Roma erwarte. Doch dann werde sie in ihrem Buch zu einer realen Person.  Am Schluss schildere Philomena Franz abschließend den wichtigen Schritt: den Akt des Schreibens und das Publizieren, wie auch die Zeitzeugen-Tätigkeit. 

 

Sprachlich sei auch ihr Dialog mit den Gadsche, den Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung, in diesem Buch hervorzuheben, wobei sie hier die Tradition und Rolle als Frau ihrer Ethnie durchbreche, die darin bestand, die Kenntnis der Erzählungen, Traditionen und Bräuche innerhalb ihrer Ethnie zu belassen. Insbesondere indem sie zusätzlich diese mündliche Tradition verschriftlicht habe, habe sie eine neue kulturelle Identifikation für ihre Ethnie begründet 

LINK zum Buch Books On Demand  LINK zum Originaltext


Philomena Franz: Tragen wir einen Blütenzweig im Herzen... Gedichtband

"Ich heiße Philomena Franz und bin in dem romantischen Württemberg aufgewachsen, wo es viele Weinberge und große, schattige Wälder gibt.Mein Großvater war schon für den König von Württemberg als Hofmusikant tätig. Mit unserer Großfamilie zogen wir in unserem Wohnwagen durch das Land, und ich erlebte eine schöne Kindheit voller Romantik und mit viel Musik.Ich war etwa zehn Jahre alt, als meine Familie sich sesshaft machte. Wir besaßen ein Haus in einer sehr schönen Umgebung, und ich wuchs dort mit sieben Geschwistern auf. Mit einundzwanzig Jahren wurde ich nach Auschwitz deportiert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahmen wir unsere musikalische Tradition wieder auf. Ich habe dann geheiratet und bin Mutter von fünf Kindern. 1995 wurde mir das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 1997 nahm ich teil am Symposium Goethes Begriff der Weltliteratur in Weimar, das dazu beitrug, dass Weimar 1999 zur Kulturhauptstadt Europas wurde. 2001 wurde ich von der Europäischen Bewegung Deutschland zur Frau Europas 2001 gewählt. Ich lebe in Bergisch Gladbach bei Köln und halte Vorlesungen an Schulen, Volkshochschulen und Universitäten."

LINK  Verlag: Books On Demand, 2012


"Zwischen Liebe und Hass"

Philomena Franz: Video 2021

 Philomena Franz 2021

LINK zum Artikel und Foto

Mit freundlicher Genehmigung

vom Rheinisch-Bergischer Kreis Kulturamt

27. JANUAR 2021: EIN FILM-PROJEKT MIT DER AUSCHWITZ-ÜBERLEBENDEN PHILOMENA FRANZ

"Zwischen Liebe und Hass"

Philomena Franz ist eine deutsche Sintizza, Auschwitz-Überlebende, Zeitzeugin und Autorin, die sich sehr um die Erinnerungskultur in Deutschland, speziell in Bezug auf das Schicksal der Sinti und Roma im Nationalsozialismus, verdient gemacht hat. 1995 wurde ihr für ihre Verdienste das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 2001 wurde sie von der Europäischen Bewegung Deutschland mit dem Preis „Frauen Europas“ ausgezeichnet. 

In dem Interview lässt Philomena Franz an ihrer berührenden Geschichte teilhaben. Sie berichtet von ihrer Verhaftung, der Deportation in das KZ Auschwitz-Birkenau, vom Lagerleben, von Flucht und psychischen wie physischen Qualen. Aber selbst angesichts dieses schier unvorstellbaren Leids auch immer wieder von Hoffnung, von dem Glauben an das Gute in den Menschen. 
Philomena Franz ist heute bekannt als Autorin und Zeitzeugin, sie hielt Vorlesungen in Universitäten, Schulen und Volkshochschulen. Ebenso kämpft sie immer noch – auch mit 98 Jahren – unermüdlich für Versöhnung, sie sagt: „Man kann nicht das Böse mit dem Bösen vergelten“.

Die Patenklassen des Projektes
 Schülerinnen und Schüler aus Bergisch Gladbach und Rösrath haben sich im Vorfeld des Projektes mit der Autobiographie "Zwischen Liebe und Hass" beschäftigt und sind mit ihren Fragen an Philomena Franz herangetreten. 




Ceija Stojka (1933 – 2013)

 

Ceija Stojka war Schriftstellerin, Malerin und Sängerin und wurde als jüngste Tochter von sieben Geschwistern in eine österreichische Lovara-Familie geboren. Die Familie verbrachte die Winter in Wien und fuhr im Sommer als Pferdehändler durch das ländliche Österreich.

Der Anschluss Österreichs im März 1938 änderte die Lebenssituation der damals fünfjährigen Ceija und die aller Sinti und Roma grundlegend und unwiederbringlich. Von ihren Siedlungen in Wien, beispielsweise der Hellerwiese und der Wankog'stätten im 10. Wiener Gemeindebezirk wurden die Großfamilien deportiert, die Wohnstätten wurden nach dem Abtransport zerstört.

Nachdem Stojkas Vater im KZ Dachau ermordet worden war, wurde der Rest der Familie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. 1944 kam Ceija mit ihrer Mutter und Schwester nach Ravensbrück, wo sie in der Nähstube arbeiten musste. Kurz vor dem Ende des Krieges brachte man alle drei nach Bergen-Belsen, wo sie am 15. April 1945 endlich befreit wurden. Von der Großfamilie, die etwa 200 Personen umfasste, überlebten nur sie, vier Schwestern und ihre Mutter.

Mit der Befreiung kehrte Ceija Stojka 1945 nach Wien zurück, wo sie bis zu ihrem Tode lebte. In den kommenden Jahrzehnten arbeitete sie als Marktfahrerin und Teppichhändlerin, bevor sie in den späten 1980er-Jahren - als über 50 Jährige - als Autorin und Malerin an die Öffentlichkeit trat.

1988 schrieb sie ihr erstes Buch "Wir leben im Verborgenen" und machte als eine der ersten auf das Schicksal ihres Volkes in den Konzentrations- und Vernichtungslagern aufmerksam. 1992 folgte mit "Reisende auf dieser Welt" ihre Erinnerungen an die Zeit im Nachkriegsösterreich. Im Jahre 1989 fing sie nach einer Japanreise an, erste Bilder zu malen.

Als Überlebende nahm sie es zeitlebens auf sich, an das Schicksal der Holocaust-Opfer zu erinnern. Mit ihren Schriften und ihrer Kunst übernahm sie die wichtige Aufgabe einer mahnenden Überlieferung der bis heute nicht im kollektiven Bewusstsein der Mehrheitsgesellschaft verankerten Tatsache, dass auch die Roma Opfer des Holocaust waren. Sie brach damit ein Tabu und eine Mauer des Schweigens. Blick ins Buch


Musik

ceija stojka: me dikhlem suno

Die CD „Me Dikhlem Suno" ist anlässlich des Filmportraits „Ceija Stojka" (Regie: Karin Berger) entstanden. Im Zuge der Entstehung dieses Kinodokumentarfilms über die Wiener Romni Ceija Stojka stießen wir auf die Musik von Ceija und ihrer Familie. Neben Ceijas weitgereister Roma-Hymne „Amenza Ketane" nimmt auch das Titellied „Me Dikhlem Suno" („Ich hatte einen Traum") einen besonderen Platz ein. Neben ihren Eigenkompositionen und den erfrischenden dokumentarischen Tonaufnahmen während der Dreharbeiten (meist Improvisationen alter Lovara-Lieder) finden sich auch kleine Gustostückerln: „Aschdas Wiegenlied" z.B. ist ein Kinderlied, erfunden und gesungen von Ceija für ihren Enkel Aschda. Ein persönliches Geschenk an Ceija ist das Lied des spanischen Gastes „El Pare". Es dokumentiert anschaulich die musikalische Vielfalt und Ausgelassenheit bei den Familienfesten der Stojkas. 

Johannes Rosenberger         Walther Soyka
Navigator Film non food factory

 


Film

Ceija Stojka:  PORTRÄT EINER ROMNÍ / Unter den Brettern hellgrünes Gras

Ceija Stojka 
A 1999, 85 min, 35 mm (1:1,66), Dolby Digital, eng UT
Buch, Regie: Karin Berger
Produktion: Navigatorfilm

 

CEIJA STOJKA ist das einfühlsame Portrait der während der Dreharbeiten 66jährigen österreichischen Romní Ceija Stojka. Er ist auch ein Film über das Vergangene in der Gegenwart, über ein Leben mit traumatisierenden Erfahrungen und über das Glück zu leben. Der Film rekonstruiert Ceija Stojkas Lebensgeschichte und damit auch ein Stück Geschichte der Roma und Sinti in Österreich.  Link


Bilderkatalog + Filme

Ceija Stojka »Sogar der Tod hat Angst vor Auschwitz«

  • Herausgeber

    Lith Bahlmann und Matthias Reichelt

  • Text

    Lith Bahlmann, Karin Berger, Barbara Dankwortt, Tímea Junghaus, Matthias Reichelt

  • Sprache

    Deutsch/Englisch/Romanes

  • Details

    Hardcover, 472 Seiten, Abb. in Farbe und s/w, inkl. DVD mit 2 Filmen von Karin Berger

Zusammen mit ihrem Bruder Karl Stojka war sie die Erste, die in den 1980er Jahren in Österreich das Schweigen der Opfer durchbrach und fortan als Romni öffentlich über ihr Schicksal berichtete.

Ende der 1980er Jahre hatte sie autodidaktisch mit dem Zeichnen und Malen begonnen. Der schätzungsweise 250 Blätter umfassende und über mehrere Jahre entstandene Zyklus von Tuschezeichnungen und Gouachen »Sogar der Tod hat Angst vor Auschwitz« ist ein eindrucksvolles künstlerisches Narrativ über die Verfolgung und den Genozid an den Roma und Sinti im Nationalsozialismus und wird so vollständig wie möglich in diesem Buch veröffentlicht. Integraler Bestandteil des Buchs ist eine DVD mit den beiden filmischen Porträts Ceija Stojkas von Karin Berger. LINK


Videos

Zeitzeugin: Ceija Stojka

Ceija Stoika, eine knapp 60 minütige Erzählung, aufgenommen vom BILDUNGS TV, 2010 in Linz.


Alfred Lessing

Mein Leben im Versteck: Wie ein deutscher Sinti den Holocaust überlebte

Alfred Lessing wurde 1921 in Deutschland geboren. Seine 1993 erschienene Autobiografie »Mein Leben im Versteck: Wie ein deutscher Sinti den Holocaust überlebte« erzählt von seinem Leben in einer Heimat, in der er als Sinto zum Ziel der Verfolgung wurde. Lessing erinnert sich darin, wie sein Vater bei einem rassistisch motivierten Angriff zu Tode geprügelt wurde – als er selbst vier Jahre alt war. Danach lebte er bei einem Onkel in Norddeutschland.

Alfred Lessing spielte Jazzgitarre, wurde professioneller Musiker und reiste von 1936 bis 1939 mit einer amerikanischen Band, bevor er sich freiwillig der deutschen Armee anschloss, um seine Sinti-Herkunft während der Zeit eskalierender Bedrohung zu verbergen. Nachdem seine Herkunft jedoch aufgedeckt wurde, verbrachte er die Jahre des Zweiten Weltkriegs in Gefangenschaft, zunächst in Lemberg, Ukraine und später in Deutschland. Zwischen den Verhaftungen spielte er mit einer KdF-Gruppe (»Kraft durch Freude«) in Deutschland und gelangte so auch einmal nach Buchenwald, um ein Konzert für die Wachen zu geben. Alleine das strategische Verbergen seiner wahren Identität schützte ihn vor einer Internierung in den Konzentrationslagern.

Nach dem Krieg begann er zu reisen und trat mit seiner Frau auf. Obwohl er lange nach einer Entschädigung für die erfahrene Verfolgung ansuchte, wurde ihm nur ein kleiner Betrag zuerkannt.

 

(Im Antiquariat erhältlich)


Lolo Reinhardt

lolo Reinhardt: Überwintern. Jugenderinnerungen eines schwäbischen Zigeuners

Das 1999 erschienene Buch „Überwintern. Jugenderinnerungen eines schwäbischen Zigeuners“ schildert die Lebensgeschichte von Friedrich Reinhardt (1932-1994), genannt „Lolo“, ergänzt von seiner Schwester Maria Winter, genannt „Märza“.

Da Lolo und Märza „schwäbische Zigeiner“ sind, sind ihre Berichte im Buch von der Herausgeberin im Original-Schwäbisch belassen worden.

 Das Buch basiert auf Tonkassetten mit Interviews, die Monika Döppert 1992 bis 1994 mit Lolo Reinhardt geführt hat und die sie durch Gespräche mit dessen Schwester Märza ergänzt hat.

 Ausgrenzung erfuhr auch Lolos Vater schon vor 1933, wie Lolo berichtet: „Mein Vater hat des immer erzählt: Da und da hat mr net könne stehe. Da war Schlägerei, da sin sie komme und hen d‘Wäge umg‘schmisse, da hen se die Fraue verhaue und so weiter und so fort.“ (Seite 23)

 Die Sinti-Familie mit sechs Kindern lebt am Rand der Gesellschaft. Lolos Familie verdingt sich als Hausierer, Schausteller und Musiker oder im Pferdehandel.

 Lolo berichtet dass seine Eltern Analphabeten waren. Die Verhältnisse, in denen Lolo aufwächst, sind bitterarm:

 „Früher, mit de alte Währung, hat mr ein Paar Schuh g‘het, und die waret net ganz. Wenn unte a Loch drinne war, ht mr. Zeitunge nei. Des hat aber net lang g‘het, die waret glei wieder naß.“ (Seite 25)

 Den Kindern wurde irgendwann der Schulbesuch in Burladingen verwehrt.

 „Die [Kinder von der Nichte der Mutter] waret mit uns in Burladinge in der Schul, bis mir dann hen dürfe nicht weiter in die Schul gehen. Da hen die g‘sagt: Zigeiner müsse unter Jude geschätzt werde, und Zigeinerkinder und Judenkinder dürfet in kei deitsche Klasse. Da hen uns scho die obere Klasse, die mit fünfzehn, sechzehn, abgepaßt zum Verschlage.“ (Seite 46) LINK zum Originaltext einer Rezension von 2020


Zilli Schmidt

GOTT HAT MIT MIR ETWAS VORGEHABT ! ERINNERUNGEN EINER DEUTSCHEN SINTEZA

     Gott hat mit mir etwas vorgehabt ... Ich bin nicht umsonst noch hier. Ich bin uralt, 95. So alt wird kaum jemand. Erst recht nicht, wenn einer das hinter sich hat, was ich hinter mir habe. Ich war in vielen Gefängnissen, ich weiß nicht mehr, in wie vielen genau. Ich war in drei Lagern. Eins davon war Auschwitz. Birkenau. Das Lager, das eigentlich nur zum Töten da war. Eine Kugel, die meinen Kopf treffen sollte, ging mir am Ohr vorbei. Von einer Liste, wo ich zum Vergasen draufstand, wurde mein Name gestrichen. Nicht ein-, zweimal! Es passierten noch mehr solche Sachen. Nach dem Krieg war ich einige Male krank – so schlimm krank, dass ich leicht daran hätte sterben können. Alle, die ich kannte, von früher, sind tot. Die meisten schon lange. Aber ich lebe noch. Ich bin immer noch hier.

 

Ich hatte Gott bei mir, schon immer. Er hat mit mir etwas vorgehabt: Jemand muss sagen, was sie mit den Sinti gemacht haben, damals, die Nazis. Das wissen viele heute immer noch nicht. Aber unsere Menschen sollen nicht vergessen werden. Erst spät habe ich angefangen, darüber zu sprechen, das alles zu sagen, was ich durchgemacht habe. Das war nicht leicht. Es hat aber auch keiner gefragt. Ich war schon fast 90 Jahre alt, als ich anfing, darüber zu sprechen, zu Fremden. Und jetzt wird es immer mehr, dass sie es wissen wollen. Das ist gut. Ich habe einen Auftrag. Solange ich noch hier bin, erzähle ich meine Geschichte und vergesse es auch nicht. Ich vergesse es nicht und erzähle meine Geschichte, bis ich meine Augen zumache und bin bei meinem Herrn.

Aus dem Buch "Die Erinnerungen der deutschen Sinteza Zilli Schmidt »Gott hat mit mir etwas vorgehabt!« als kostenloses E-Book und Druckausgabe in der Zeitzeugenreihe der Stiftung Denkmal. 



Zilli Schmidt: Zeitzeugengespräch Video

Gespräch Zilli Schmidt mit Jana Mechelhoff-Herezi ab 15 Minute

Zilli Schmidt (*1924) stammt aus einer Familie deutscher Sinti. Zwischen 1943 und 1945 ist sie aus zwei Lagern geflohen, hat Auschwitz-Birkenau überlebt und dort fast ihre gesamte Familie verloren. Zilli ist eine der Letzten, die die nationalsozialistischen Gefängnisse und Lager als Erwachsene überlebt hat.

Die Erinnerungen der deutschen Sinteza Zilli Schmidt »Gott hat mit mir etwas vorgehabt!« erscheinen als kostenloses E-Book und Druckausgabe in der Zeitzeugenreihe der Stiftung Denkmal, herausgegeben von Jana Mechelhoff-Herezi und Uwe Neumärker – anlässlich des Welt-Roma-Tages am 8. April 2020. 


Otto Rosenberg

Das Brennglas. Autobiografie, aufgezeichnet von Ulrich Enzensberg

Otto Rosenberg hat erst nach fünfzig Jahren die Kraft für dieses Buch gefunden. Ein überlebender deutscher Sinto erzählt von seinen Erinnerungen. Er klagt nicht an, rechnet nicht auf. Er berichtet, wie es gewesen ist.

Vorher waren Sinti und Roma eingebunden in das Berliner Stadtleben. Otto Rosenberg erzählt unbeschwerte Szenen aus seiner Kindheit in der Zeit vor der nationalsozialistischen Gesellschaftszersetzung. Er schildert in schlichten Worten, wie sich die braune Wolke erst nach und nach in das Alltagsleben der deutschen Sinti und Roma schob. 1936 wurde der neunjährige Otto Rosenberg als Mensch »artfremden Blutes« mit seiner Familie ins »Zigeunerlager« Marzahn zwangsumgesiedelt, dort von NS- »Rassenforschern« untersucht und 1943 nach Auschwitz deportiert., wo ein Großteil seiner Familie ermordet wurde. Rosenberg selbst kam dann nach Buchenwald, Dora und Bergen- Belsen – und überlebte.

Otto Rosenberg, geboren am 28. April 1927 in Draugu­pönen, Ostpreußen, gestorben am 4. Juli 2001 in Berlin. Rosen­berg war Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg und Vorstandsmitglied im Zentralrat sowie aktives Mitglied der SPD. 1998 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.Text vom Verlag

LINK zum Buch



Katarina Taikon

Schwedische Romaktivistin


Ewald Hanstein

Meine hundert Leben


Walter Winter

Z 3105 die Geschichte des Sinto Walter Winter, der auch in Oldenburg lebte

Der Verlag VSA hat einen Teil des Buches über Walter Winter von Karin Guth im Internet zur Verfügung gestellt. Ein Beitrag in den Widerstand Bildungsmaterialien ist ebenfalls zu Walter Winter.

Hier der LINK zum Buch 2009

Nazizeit

Der Anfang 1. Ein Jahr nachdem Hitler die Regierung übernommen hatte und die NSDAP immer mehr Zulauf bekam, waren die Veränderungen schon zu spüren. Wir hatten davon gehört, dass kaum 50 Kilometer entfernt von Oldenburg in Esterwegen ein Lager für Hitler-Gegner eingerichtet worden war. Mein Vater saß manchmal mit den Männern aus der Verwandtschaft zusammen, und ich bekam mit, dass sie sich Sorgen machten und überlegten, wie es wohl in Deutschland weitergehen würde. Sie ahnten wahrscheinlich, dass unsere Art zu leben, vielleicht sogar unsere Haarfarbe den Nazis bald ein Dorn im Auge sein würde. Wenn wir in einen etwas größeren Ort kamen, hatten wir das Gefühl, als ob die Leute uns beobachteten und besonders misstrauisch anguckten. Der Kleidung nach haben wir gar nicht anders ausgesehen, aber wir waren eben dunkel, hatten schwarze Haare. Wir merkten schon am Blick, was die Leute über uns dachten

Stanoski Winter Fiso

Geschichte eines Überlebenden Sinto

SHOAH Spielberg Foundation

eingestellt vom Bildungsverein der Roma zu Hamburg e.V.